Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird angeordnet, wenn die Führerscheinbehörde Zweifel an der Fahreignung eines Führerscheininhabern oder Antragstellers hat. Früher musste zur MPU, wer drei Mal durch die Fahrprüfung gefallen war. Daher stammt der Ausdruck „Idiotentest“, der sich immer noch hält, obwohl diese Regelung Ende der Neunziger Jahre abgeschafft wurde. Beim Gros der Kandidaten auf eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird die Fahreignung wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss angezweifelt. Weitere Ursachen sind unter anderem Drogenkonsum oder kontinuierliche Verkehrsverstöße (18 Punkte oder mehr im Verkehrszentralregister).
Der MPU geht in aller Regel also ein Strafverfahren mit Führerscheinentzug und Sperrfrist voraus. Bei einem Führerscheinentzug erlischt die Fahrerlaubnis – ein für alle Male! Man muss zum Ablauf der Sperrfrist einen neuen Führerschein beantragen. Wenn die Führerscheinstelle nun Zweifel an der Fahreignung eines Führerscheininhabers hat, dann schickt sie den Kandidaten vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis zur MPU. Bei einer anerkannten Untersuchungsstelle soll der Kandidat ein Gutachten erstellen lassen, das im Idealfall diese Eignungszweifel ausräumt. Aufgrund dieses Gutachtens entscheidet die Führerscheinstelle für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis – oder auch nicht!
Knappe 40 Prozent der wegen Trunkenheitsfahrten beurteilten Kandidaten bekommen ein positives Gutachten, weitere 15 bis 20 Prozent bekommen eine Kursempfehlung und damit nach Absolvieren dieses Kurses ohne weiteres ihren neuen Führerschein. Gute 40 Prozent bekommen ein negatives Gutachten und damit vorerst keinen neuen Führerschein! Allerdings bleibt ihnen natürlich der Weg zu einem neuen Gutachten offen …
Was passiert nach dem Entzug der Fahrerlaubnis?
Egal, ob eine Trunkenheitsfahrt mit mehr als 1,6 Promille oder mehrere Male mit mehr als 0,5 Promille aufgefallen, Drogenkonsum im Straßenverkehr oder der 18. Punkt in Flensburg: der Führerschein ist weg, die Fahrerlaubnis unwiderruflich erloschen. Zusammen mit dem Führerscheinentzug wird eine Sperrfrist verhängt, die zwischen drei Monaten und fünf Jahren liegen kann. Zum Ablauf dieser Sperrfrist muss ein neuer Führerschein beantragt werden, bei dem es sich auch rechtlich um eine neue Fahrerlaubnis handelt. Vor der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis wird zwar in aller Regel keine erneute Fahrprüfung erforderlich (es sei denn die Sperrfrist beträgt über zwei Jahre), aber ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert. Die Führerscheinbehörde hat Zweifel an der Fahreignung und diese Zweifel sollen über ein solches Gutachten ausgeräumt werden.
Medizinisch-psychologische Gutachten erstellt jede amtlich anerkannte und zugelassene Begutachtungsstelle für Fahreignung. Früher waren die MPUs eine Domäne der Technischen Überwachungs-Vereine (TÜV), heute hat man die Wahl zwischen 17 verschiedenen Trägern bundesweit, die von Bundesamt für Straßenwesen (BASt) akkreditiert wurden.
Die medizinisch-psychologische Untersuchung ist keine lästige Formsache, sondern eine wichtige Untersuchung, auf die sich der Betroffene gründlich vorbereiten sollte. Sie umfasst eine medizinische Untersuchung, Leistungstests und – als wichtigster Bestandteil – ein Gespräch mit einem Psychologen. Die medizinische Untersuchung soll die physischen Voraussetzungen für die Erteilung eines Führerscheins klären. Bei Kandidaten mit Alkoholauffälligkeiten sollten deshalb zum Beispiel die Leberwerte in Ordnung sein oder zumindest anhand eines Attests erklärbar, sonst kann man sich die MPU gleich sparen. Die Leberwerte dienen zum Nachweis der Abstinenz, die für ein positives Gutachten zwingend erforderlich ist.
Worauf kommt es im Gespräch mit dem Psychologen an?
Das Problem des Führerscheinkandidaten ist nicht der fehlende Führerschein, sondern das Delikt, welches zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt hat, seien es eine oder mehrere Trunkenheitsfahrten, Drogen oder zu viele Verkehrsverstöße. Das sollte er sich im Vorfeld klar gemacht haben und Initiativen ergriffen haben, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Wichtig für das Untersuchungsgespräch ist, dass der Psychologe den Eindruck bekommt, dass sich der Führerscheinkandidat mit seinem Problem auseinander gesetzt hat und eine Änderung seines bisherigen Verhaltens glaubhaft machen kann. Der Gutachter muss davon überzeugt werden, dass in Zukunft keine Trunkenheitsfahrten, Drogenfahrten oder Verkehrsauffälligkeiten mehr zu erwarten sind.
Untauglich für positives Gutachten sind alle Strategien, die dem Gutachter vorgaukeln sollen, dass es eigentlich gar kein Problem gäbe. Das reicht – um mal hier die Alkohol-Ausreden zu zitieren – vom Ausrutscher („So viel trinke ich normalerweise gar nicht!“) über das blauäugige „So viel habe ich gar nicht getrunken. Ich kann mir das nicht erklären.“ bis hin zum wenig glaubwürdigen „Ich trinke nicht mehr. Das ist kein Problem für mich.“ Übertragbar sind diese Ausflüchte aber auf alle Delikte, die eine MPU nach sich ziehen können. Erkennbares Problembewusstsein ist gefragt, denn das ist der Schlüssel zur Problemlösung und damit zu einem positiven Gutachten.
Der EU-Führerschein ist keine Lösung!
Wer in der MPU eine Verhaltensänderung glaubhaft machen kann, kommt auf diesem Weg mit Sicherheit günstiger seine deutsche Fahrerlaubnis zurück als über das Ausland an einen EU-Führerschein. Wer die MPU nicht bestehen würde und für den neuen Führerschein ins EU-Ausland geht, wird in Deutschland garantiert irgendwann mit seinem Problem wieder auffällig. Dann können die Ordnungsbehörden trotz EU-Führerschein das Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland untersagen. Und die Wahrscheinlichkeit, ohne eine ernsthafte Verhaltensänderung wieder auffällig zu werden, ist sehr hoch!
Und wer mit seinem neu erworbenen EU-Führerschein in Deutschland schon vor Ablauf der Sperrfrist ein Kraftfahrzeug bewegt, ist ohne Fahrerlaubnis unterwegs. Während der Sperrfrist ist in Deutschland KEINE Fahrerlaubnis – auch nicht die Ausländische – gültig! Das Führen eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis ist wiederum strafbar und bringt weitere sechs Punkte in Flensburg.
Weiterführende Lektüre zum Thema
- Theodor Rieh & Thomas Wagenpfeil: Der Testknacker bei Führerscheinverlust – Rechtslage / Ablauf des Verfahrens / Vorbereitung auf die medizinisch-psychologische Untersuchung
- Carmen Liebs: Promillefahrt mit Folgen – Was tun, wenn der Führerschein weg ist?
Informationen …
… gibt es auch bei der BAF e. V. (Beratung und Aufklärung bei Führerscheinproblemen), einem von Gutachtenstellen unabhängigen Verein, der Betroffenen Hilfestellung gibt, die MPU erfolgreich zu absolvieren und den Führerschein wieder zu bekommen. Vorsitzende ist Carmen Liebs, eine ehemalige Betroffene (siehe Literaturempfehlung). Außer über das Internet ist der Verein auch telefonisch erreichbar unter 08847 / 6979891.
© 2006 (Auto-Redaktion) / 2014 Petra Grünendahl, Fotos: TÜV Süd
Aus der seinerzeitigen Veröffentlichung (Stand 2006):
Die reinen MPU-Gebühren Ein EU-Führerschein der Klasse B wird im Internet für 1.820 Euro (inkl. |
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