Landstraßen – schön, aber gefährlich!
Landstraßen sind der Traum des Autofahrers: Fahrvergnügen, reizvolle Landschaften, idyllische Alleen und Kurvenspaß. Sie sind aber auch ein Albtraum durch ihre erschreckende Unfallstatistik. Zwar passieren jenseits von Stadt oder Autobahn nur 27 Prozent aller Unfälle, doch sind sie besonders schwer: Rund 60 Prozent aller tödlichen Unfälle verzeichnet die Statistik hier. Bei knapp zwei Prozent aller Unfälle mit Personenschaden stirbt ein Mensch, auf Landstraßen gilt dies für vier Prozent solcher Unfälle.
Verschiedene Risiken treffen auf Landstraßen aufeinander: Hohe Geschwindigkeiten und große Geschwindigkeitsunterschiede, Gegenverkehr und Überholmanöver. Pkw, Motorräder und Lkw treffen auf Radfahrer, Fußgänger, Traktoren und Landmaschinen. Unübersichtliche Einmündungen und Kreuzungen, scharfe Kurven und wechselnde Lichtverhältnisse in Alleen oder Waldstücken erfordern höchste Aufmerksamkeit und eine vorausschauende und angepasste Fahrweise. Viele Verkehrsteilnehmer unterschätzen jedoch die Risiken. Unangepasste Fahrweise, insbesondere die nicht angepasste Geschwindigkeit, ist Unfallursache Nummer eins. Bei jedem zweiten Unfall mit Todesfolge hat der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, ohne dass ein anderes Fahrzeug beteiligt war.
Gefahren lauern überall
Von Bäumen gesäumte Straßen und Alleen verheißen schattiges Fahrvergnügen, bedeuten aber auch mitunter enge Fahrbahnen, kurvige Serpentinen, Blendphasen durch einfallenden Sonnenschein sowie in Frühjahr und Sommer verstärkt Wildwechsel. Zudem bleibt nach einem Regen die Fahrbahn länger feucht, im Herbst ist mit rutschigem Laub zu rechnen. Darauf muss sich der Autofahrer einstellen.
Besonders gefährlich für Fahrzeuginsassen sind Bäume am Straßenrand. Sie verschärfen Unfallfolgen für ein außer Kontrolle geratenes Fahrzeug und seine Insassen. Verkehrsforscher fordern schon lange: Dort, wo Bäume abgeholzt werden müssen, keine neuen mehr direkt neben die Fahrbahn zu setzen. Das heißt nicht, auf eine Begrünung der Verkehrswege zu verzichten. Büsche bieten sich hier an, da sie beim Aufprall dem Fahrzeug weniger Widerstand entgegenzusetzen haben und einen Aufprall eher abfedern (siehe auch Dekra: „Abkommen von der Fahrbahn“ (Wildhaus 2001) oder „Wie sicher sind Landstraßen?“). Das mindert eventuelle Unfallfolgen ungemein.
Höhere Gefahren gehen außerorts auch von Kreuzungen und Einmündungen aus, weil sie zuweilen unübersichtlicher sind und mit höheren Geschwindigkeiten passiert werden als innerorts. Dies gilt besonders, wenn keine Ampelanlagen vorhanden sind. Will man auf solche verzichten, bieten sich Kreisverkehre als sichere Kreuzungsalternative an. Gefahrenschwerpunkte sind auch Bahnübergänge, speziell unbeschrankte. Hier ist beim Queren erhöhte Vorsicht und angepasste Geschwindigkeit geboten.
Sehen und gesehen werden
Nur wer drohende Gefahren erkennt, kann sie vermeiden. Wichtig ist aber auch, für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar zu sein. Bei wechselnden Lichtverhältnissen in Waldstücken und Alleen sollten motorisierte Verkehrsmittel mit eingeschaltetem Abblendlicht oder Tagfahrlicht fahren. Die Verpflichtung zu „Licht bei Tag“ ist übrigens schon in vielen Ländern Europas grundsätzlich vorgeschrieben. Neuwagen verfügen vielfach schon heute über Tagfahrlicht, obwohl es erst 2011 in der EU Pflicht wird.
Für alle Verkehrsteilnehmer gilt: Sie sollten immer auf Sicht fahren und notfalls die Geschwindigkeit drosseln. Ansonsten muss man sich bei einem Unfall ein Mitverschulden anrechnen lassen. Das gilt zum Beispiel, wenn man in der Dunkelheit auf ein unbeleuchtetes Hindernis auffährt. Das Sichtfahr-Gebot gilt ausnahmslos auf allen Straßen und für alle Fahrzeugarten, bei Tag, Dunkelheit und unter allen Witterungsverhältnissen. Der Fahrer muss vor einem Hindernis anhalten können. Dazu verpflichtet ihn die Straßenverkehrsordnung.
Motorradfahrer besonders gefährdet
Motorräder haben bekanntlich keine Knautschzone und wenn die Reifen die Bodenhaftung verloren haben, schliddern Fahrer und Zweirad unkontrolliert über den Asphalt. Schutzplankensysteme (passive Schutzeinrichtungen) sollen ein von der Fahrbahn abkommendes Fahrzeug ab- und auffangen. Schutzplanken sind für den Schutz von Pkw-Insassen bzw. mehrspurigen Fahrzeugen ausgelegt. Entsprechend groß ist die Gefahr für Motorradfahrer beim Aufprall an Schutzplankenpfosten. Zumindest an Unfallstellen, wo eine Häufung von Motorradunfällen auftritt, sollten die Pfosten umgestaltet werden (Ummantelung mit weicherem Material oder Anbringen eines Unterfahrschutzes). Solche Maßnahmen wären ein wichtiger Schritt hin zur „Vision Zero“, der Vision vom Verkehr ohne Todesopfer!
© Petra Grünendahl, August 2010
Fotos: Polizei Mettmann (1), DVR (3)
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