„Junge Fahrer tragen das höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr“, so Dr. Dirk-Antonio Harms vom Institut für Verkehr und Umwelt (IVU) auf einem Presseseminar des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR). Haupttodesursache für junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren ist das Fahren eines Pkw oder das Mitfahren in einem Pkw.
Jeder Fünfte (20 %) Verunglückte oder Getötete gehört in die kritische Altersgruppe, der nur jeder Zwölfte (8,2 %) der Gesamtbevölkerung angehört. Die meisten Getöten verunglücken im Pkw (76 %) oder auf dem Motorrad (7 %). Fast drei Viertel der ums Leben gekommenen 18- bis 24-Jährigen sind Männer. Jede dritte getötete junge Frau war Beifahrerin (saß also nicht selbst am Steuer), aber nur jeder fünfte Mann.
Auch wenn es primär die jungen Fahranfänger sind, die in der Unfallstatistik negativ ins Auge fallen: Auch ältere Fahranfänger haben ihre Probleme, die einfach aus mangelnder Erfahrung und Fahrpraxis resultieren. Alkohol am Steuer ist eine der Hauptursachen für Unfälle. Das erhöhte Unfallrisiko bei Alkohol am Steuer betrifft aber alle Fahranfänger gleichermaßen. Deshalb macht das absolute Alkoholverbot in der zweijährigen Probezeit Sinn, so Rüdiger May, Referatsleiter Straßenverkehrsrecht im Bundesverkehrsministerium.
Die Probleme junger Fahrer beschränken sich aber nicht nur auf mangelnde Erfahrung. Zur Risikogruppe gehören eher Männer, Frauen weniger: Geltungsbedürfnis, Imponier- bzw. Dominanzgehabe, Selbstüberschätzung und Geschwindigkeitsrausch kennzeichnen das Sozialverhalten dieser Risikogruppen. Auffallend häufen sich Unfälle mit jungen Fahrern bei Abend- und Nachtfahrten sowie Diskofahrten mit Mitfahrenden. Häufig sitzen hier junge Männer am Steuer, die Freundin sitzt eher auf dem Beifahrer- oder Rücksitz.
Dies bestätigt auch Prof. Malte Mienert von der Uni Bremen: „Risikoreiche verkehrsbezogene Einstellungen werden von einigen Jugendlichen in die Automobilität mit eingebracht.“ Bewusst risikoreiche Einstellungen weisen aber nur knapp 15 Prozent aller Heranwachsenden auf. Sie sind primär männlich, macht- und gruppenorientiert, gewaltbereiter und maskuliner in ihrem Auftreten. Angehörige dieser Gruppe sind zudem weniger bildungsbürgerlich und weniger offen für neue Erfahrungen. Und sie suchen soziale Anerkennung. Potenzielle Risikofahrer betonen die Symbol- und Statusfunktion von Führerschein und Auto.
Prof. Bernhard Schlag von der TU Dresden stellt fest, dass junge Fahrer häufig in Alleinunfälle verwickelt sind. Typisch ist das Abkommen von der Fahrbahn, oft durch überhöhte Geschwindigkeit, die zurückzuführen ist auf mangelnde Erfahrung und/oder Imponiergehabe. Weitere Unfallursachen, so verschiedene Studien, sind Vorfahrtfehler, ungenügender Sicherheitsabstand und Fehlern beim Abbiegen. Auch Alkohol spielt häufig eine große Rolle. Junge Fahrer haben das fünffache Risiko, im Straßenverkehr zu verunglücken, sowie das drei- bis vierfache Risiko, im Straßenverkehr zu sterben.
„Fahren Lernen“ ist ein langwieriger Prozess! – Das meint auch Kay Schulte vom DVR: „Auch nach dem Führerscheinerwerb geht Lernen weiter – eigenständig – und das darf nicht dem Zufall überlassen werden. Eigenverantwortliches Lernen in dieser Situation braucht weiter Unterstützung, Begleitung und Hilfestellung, um auf dem sicheren Weg zu bleiben.“ In der Fahrschule werden Grundfertigkeiten vermittelt. Fahren lernt der Führerschein-Anfänger dann in der Praxis auf sich allein gestellt – das birgt natürlich Risiken. Gegengesteuert wird hier mit dem Führerschein ab 17 und dem begleiteten Fahren. „Fahranfänger haben ein höheres Risiko, denn Fahrausbildung kann nicht alles leisten“, so Schulte. „Autofahren ist mehr als ein Auto zu bedienen. Es ist die Kunst, das ‚soziale Happening Straßenverkehr’ zu verstehen und darin geschickt mitzuwirken.“ – Und das will nach dem Erwerb des Führerscheins erst mal gelernt werden!
© Petra Grünendahl, April 2010
Fotos: DVR, Grafiken: Destatis
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