- Handynutzung erhöht Unfallrisiko
- Längere Reaktions- und Bremszeiten
- Unfallforscher: Mit dem Kopf bei der Sache sein – gerade im Stadtverkehr
Ohne Handy geht kaum noch etwas. Nicht nur im Auto greifen immer mehr Menschen während der Fahrt zum Smartphone, auch beim Radfahren ist es fast immer parat: zum Telefonieren, zum Musikhören, zum Lesen oder Schreiben von Textnachrichten oder zum Navigieren. Die DEKRA Unfallforscher warnen: Wer sich im Sattel ablenken lässt, geht ein erhöhtes Unfallrisiko ein.
„Wir haben immer mehr Radfahrende, mehr Verkehr auf Straßen und Wegen und ein höheres Tempolevel durch Elektroantrieb – und leider auch steigende Unfallzahlen“, sagt Luis Ancona, Unfallforscher bei DEKRA. „Für Radfahrende kommt es darauf an, während der Fahrt bei der Sache zu sein und sich nicht ablenken zu lassen.“
Wahrnehmung eingeschränkt
„Wir wissen, dass die Nutzung des Smartphones beim Radfahren mit vielen Risiken verbunden ist“, erklärt Ancona. „Insbesondere die visuelle Wahrnehmung des Verkehrs ist durch die Blickzuwendung zum Smartphone stark eingeschränkt. Auch akustische Signale werden schlechter wahrgenommen, die Reaktions- und Bremszeiten verlängern sich und es wird deutlich schwieriger, die eigene Fahrspur einzuhalten. Vor allem auf engen Radwegen kann es zu Konflikten und Unfällen mit entgegenkommenden Radelnden kommen.“
Die Nutzung von Smartphones im Verkehr nimmt in letzter Zeit weiter zu. Etwa 10 bis 17 Prozent der Radfahrenden, so ein Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Straßenwesen aus dem Jahr 2022, nutzt das Mobiltelefon mindestens einmal während einer Fahrt, jüngere, männliche Radfahrer besonders oft.
Beim Autofahren führen solche Ablenkungen zu einem um 50 Prozent erhöhten Unfallrisiko, so eine Studie der Allianz. „Diese Ergebnisse lassen sich zwar nicht eins zu eins aufs Radfahren übertragen, doch es gibt Hinweise, dass das Unfallrisiko auch hier signifikant steigt“, sagt der Unfallexperte.
„Alles, was die Aufmerksamkeit vom Verkehrsgeschehen wegführt, treibt das Unfallrisiko in die Höhe“, betont Ancona. „Wer bei 25 km/h nur zwei Sekunden lang aufs Handy schaut, ist in dieser Zeit schon 14 Meter im Blindflug unterwegs. Wenn zum Beispiel überraschend ein Fußgänger in den Fahrtweg tritt, bleibt keine Zeit mehr für eine Reaktion, ein Unfall ist vorprogrammiert.“
Auch die amtliche Statistik hat das Problem erkannt und erfasst bei Unfällen mit Verletzten seit 2021 nun auch die Kategorie Ablenkung. Aus dem Stand zählt diese Kategorie bei Unfällen zu den Top Ten in Sachen Fehlverhalten und zeigt von 2021 zu 2022 einen starken Aufwärtstrend.
Stark gehandicapt sind dabei Radelnde, die unerlaubterweise mit dem Handy in der Hand telefonieren. „Mit nur einer Hand am Lenker wird das Ausweichen oder eine Notbremsung viel schwieriger. Deshalb gehören immer beide Hände an den Lenker. Ausnahmen sollten nur das Anzeigen der Fahrrichtung beim Abbiegen oder Spurwechseln per Arm- oder Handzeichen sein“, meint Ancona.
Radfahren mit Kopfhörer kann gefährlich werden
Der Unfallforscher warnt Radfahrende auch davor, sich während der Fahrt per Kopfhörer oder Headset auf beiden Ohren mit ihren Lieblingshits zu beschallen. „Das ist aus meiner Sicht sehr riskant“, so der Unfallforscher von DEKRA.
„Leicht gehen dabei wichtige akustische Informationen verloren, die im Verkehrsgeschehen, insbesondere in der Stadt unverzichtbar sind, etwa das Geräusch eines heranfahrenden Autos.“ Auch hier gilt: volle Konzentration aufs Fahren. Laut Straßenverkehrsordnung darf das Gehör durch Kopfhörer oder Headset nicht beeinträchtigt werden.
Für die Nutzung elektronischer Geräte gelten beim Radfahren ähnliche Regeln wie im Auto. Auch beim Radfahren ist es untersagt, ein elektronisches Gerät in der Hand zu halten oder zu bedienen, sei es zum Musikhören, Telefonieren, Lesen, Texten oder Navigieren. Wer das Smartphone in die Hand nehmen will, muss anhalten. Bei Verstößen droht Radelnden ein Bußgeld.
Telefonieren nur mit Halterung erlaubt
Die Nutzung eines Handys ist beim Radfahren nur dann erlaubt, wenn man es nicht in die Hand nehmen muss, es zum Beispiel in einer Halterung befestigt ist und der Radfahrende für eine Bedienung den Blick „nur kurz“ vom Verkehrsgeschehen abwenden muss. Aber auch das Telefonieren mit Headset ist aus Sicht der Unfallforscher nicht risikolos. Ancona: „Ein Gespräch kann stark ablenken und die Aufmerksamkeit binden. In kritischen Situationen kann schon das zu viel sein.“
Tipps für sicheres Radeln
- Konzentrieren Sie sich aufs Verkehrsgeschehen und verzichten Sie auf Nebentätigkeiten wie Telefonieren, Musikhören, Texten, oder Navigieren.
- Wer das Mobiltelefon in die Hand nehmen will, muss anhalten.
- Sicheres Fahren heißt: Beide Hände an den Lenker, sonst wird das Fahren, Ausweichen oder Bremsen viel schwieriger.
- Selbst mit fest installiertem Smartphone am Lenker darf die Blickzuwendung immer „nur kurz“ sein.
- Das Gehör darf durch Kopfhörer oder Headset nicht beeinträchtigt werden. Leicht werden wichtige Signale oder Geräusche übertönt.
- Auch Telefonieren mit Kopfhörer oder Headset kann stark vom Verkehrsgeschehen ablenken. Zum Telefonieren besser anhalten, ganz besonders für intensive oder längere Gespräche.
- Zum Radfahren den Kopf schützen und Helm aufsetzen.
DekraFoto: creading GmbH