37 Unfälle des Jahres 2017 mit Beteiligung von Lastkraftwagen und Fahrrädern endeten für die Radfahrer tödlich. Besonders das Rechtsabbiegen und die toten Winkel bergen die größten Gefahren. Um schwere Unfälle dieser Art künftig zu vermeiden, werden zunehmend Abbiegeassistenten eingesetzt. In der aktuellen Ausgabe von etem 4.2019 – Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) werden verschiedene Systeme von Abbiegeassistenten für neue Lkw-Typen und zum Nachrüsten vorgestellt.
Laut Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes waren in 2017 an etwa 3.100 Unfällen Lastkraftwagen (Lkw) und Fahrradfahrer beteiligt, davon waren etwa ein Drittel Abbiegeunfälle. Schwere Lastwagen sind zwar neben den beiden Hauptaußenspiegeln mit Weitwinkel-, Front und Nahbereichs-/Anfahrspiegeln mit insgesamt sechs Rückspiegeln ausgestattet, doch ein vorbeifahrender Radfahrer ist zum Teil in jedem der Spiegel nur weniger als eine Sekunde sichtbar. Das heißt er kann den Sichtbereich des Spiegels durchfahren, während dieser gerade nicht vom Lkw-Fahrer eingesehen wird. Weiteres Problem: die toten Winkel, die überhaupt nicht einsehbar sind. Da helfen nur moderne Technik und neue Vorschriften. Laut EU-Gesetzen müssen neue Lkw-Typen ab 2022, alle weiteren Neufahrzeuge spätestens ab 2024 verpflichtend mit Abbiegeassistenten ausgerüstet werden. Ein Spurhalteassistent und eine intelligente Geschwindigkeitsassistenz werden ebenfalls ab diesem Datum zur Pflicht.
Aus den genannten Gründen stellt das Rechtsabbiegen eine besondere Stresssituation für Lkw-Fahrer dar und ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen bei Fahrzeugführern bekannt. Bei Neufahrzeugen können die Sicherheitssysteme direkt beim Hersteller bestellt werden. Als Alternative dienen Nachrüstsysteme. Sie sind allerdings immer nur ein „Add-on“ zur vorhandenen Fahrzeugtechnik. Eine Vernetzung ist nur begrenzt möglich, Funktionen wie automatisches Abbremsen beispielsweise können nicht realisiert werden. Auch die Anforderung an neue Fahrzeugtypen ab 2022 können Nachrüstsysteme nicht völlig erfüllen.
Moderne Technik schafft Sicherheit
Moderne Abbiegeassistenten nutzen Sensortechniken. Kamerasysteme wie aus dem Bereich der Rückfahrsicherung bei Pkws werden am Fahrerhaus installiert. Hilfreich ist der Blick aus der Vogelperspektive nach hinten. Dazu wird die Kamera z. B. vorn an der rechten Fahrzeugflanke ab etwa 1,30 m Höhe montiert, das Bild wird auf einen Monitor nahe der rechten A-Säule übertragen und wird beim Blick in Richtung der Rückspiegel miterfasst. Unterstützend können Ultraschall- oder Radarsensoren, an der rechten Fahrzeugseite montiert, die über LED-Anzeigen und Warntöne vor Radfahrern und Fußgängern im toten Winkel warnen. Aber Achtung: Die Sensoren nehmen meist nur Gegenstände wahr und unterscheiden nicht zwischen statischen und sich bewegenden Objekten.
Leistungsfähiger sind Kamerasysteme mit Bilderkennung. Eine Bildverarbeitung unterscheidet zwischen Fußgängern und Radfahrern im Gegensatz zu statischen Objekten wie parkenden Autos und löst entsprechend Alarm aus.
BG ETEM geht mit gutem Beispiel voran
Die BG ETEM hat ihre drei Schulungswagen (Lkw) inzwischen mit solchen Abbiegeassistenten ausgerüstet und Fahrer Nikolai Isaak resümiert: „Das unsichere Gefühl beim Rechtsabbiegen ist weg. Während man vorher immer mit dem Zweifel lebte, ob sich nicht doch etwas Unentdecktes im toten Winkel befindet, weiß ich jetzt Bescheid. Das führt zu einer deutlichen Entspannung im Stadtverkehr.“
Doch was kosten ein Unternehmen diese Sicherheits- und Nachrüstsysteme? Einfache Systeme sind ab etwa 1.000 Euro inklusive Einbau erhältlich, für Systeme mit mehreren Sensoren oder Bildauswertung müssen bis zu 2.500 Euro ohne Einbau aufgebracht werden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert Systeme mit einer allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) mit bis zu 1.500 Euro. Weitere, seit Juni 2019 bereitgestellte Mittel können auf antrag-gbbmvi.bund.de angefordert werden.
Hintergrund BG ETEM
Die BG ETEM ist die gesetzliche Unfallversicherung für rund 4 Millionen Beschäftigte in gut 200.000 Mitgliedsbetrieben. Sie kümmert sich um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in den Mitgliedsbetrieben sowie um Rehabilitation und Entschädigung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Für ihre Mitgliedsunternehmen übernimmt die BG ETEM die Haftung für die gesundheitlichen Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gegenüber den Beschäftigten und stellt diese auch untereinander von der Haftung frei.
BG ETEM – Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse