Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht davon aus, dass etwa jeder zehnte Blechschaden im Straßenverkehr vorsätzlich herbeigeführt wird. Für die Täter ein lukratives Geschäft: Die Versicherung zahlt, das Auto hingegen bleibt beschädigt und das Geld wandert in die eigene Tasche. Wie ein provozierter Unfall abläuft, worauf Autofahrer achten und was sie nach einem Unfall unbedingt tun sollten, weiß Kfz-Experte Frank Mauelshagen von ERGO.
Welche Vorgehensweisen wenden Betrüger bei provozierten Unfällen an und wie können Betroffene diese Situation erkennen?
Wenn ein Autounfall passiert, denken die wenigsten gleich an einen provozierten Crash. Doch besonders in drei Situationen sollten bei Betroffenen die Alarmglocken läuten: Trickser erzwingen beispielsweise bei einem Spurwechsel wegen einer Fahrbahnverengung oder in einem Kreisverkehr absichtlich einen Streifschaden. Zum anderen nehmen sie sich den Ampelverkehr zu Hilfe – die Ampel springt von Gelb auf Rot, im letzten Moment bremsen sie ab und provozieren dadurch einen Auffahrunfall. Außerdem sind Kreuzungen mit „Rechts-vor-Links“-Regelung sehr beliebt. Häufig handeln die Betrüger in der Dämmerung, winken den Opfern die Vorfahrt zu und fahren dann plötzlich los. In beruhigten Wohngegenden mit vielen „Rechts-vor-Links“-Regelungen gibt es meist kaum Zeugen, die dem Betrugsopfer mit ihrer Aussage helfen könnten. Ist der Unfall geschehen, sollten betroffene Autofahrer auf das Verhalten des anderen Fahrers achten. Ein Betrüger reagiert oft sehr routiniert, als erlebe er diese Situation nicht zum ersten Mal. Nicht selten tauchen zudem wie aus dem Nichts Zeugen auf, die die Unschuld des Fahrers bezeugen und damit Druck auf den ahnungslosen Autofahrer ausüben: Die Schuldgefühle sollen das eigentliche Opfer daran hindern, die Polizei zu rufen. Häufig sind die Betrüger mit neuen Fahrzeugen unterwegs, die bereits einige Kratzer und Dellen aufweisen. Denn gerade bei neuen oder sehr teuren Autos fallen die Reparaturkosten hoch aus – und dieses Geld stecken die Betrüger dann selbst ein.
Was können Unfallopfer tun, wenn sie einen Betrug vermuten?
Egal, was der Unfallgegner sagt: im Zweifel unbedingt die Polizei verständigen! Sie sichert wichtige Spuren, die den Gegner später leichter als Betrüger entlarven könnten. Außerdem ist es unabhängig vom Erscheinen der Polizei ratsam, sowohl von den Schäden der beteiligten Fahrzeuge als auch von der gesamten Unfallsituation Fotos zu machen. Dabei ist es wichtig, auf kleine Details wie Kratzer oder Dellen – die nicht bei diesem Unfall entstanden sein können – zu achten. So kann der Betrüger später nicht behaupten, dass die Schäden aus diesem Unfall resultieren. Zudem ist eine Unfallskizze sehr wichtig. Sie hilft bei der Dokumentation der Situation, unter anderem mit Straßennamen und Bewegungsrichtung der Beteiligten. Wer weder Zettel noch Stift zur Hand hat, sollte das Zuhause sofort nachholen. Hilfe bieten dabei die Fotos vom Unfallort. Außerdem unbedingt das Kennzeichen, den Namen, die Adresse sowie die Versicherung des Unfallbeteiligten notieren! Wer einen provozierten Unfall vermutet, sollte dies gegenüber dem eigenen Versicherer äußern. Dieser geht dem Verdacht in der Regel nach.
Welche Folgen kann so ein vorsätzlicher Unfall für die Beteiligten, aber auch für den Betrüger haben?
Meistens entstehen bei einem provozierten Unfall nur Blechschäden. Doch es sind auch Personenschäden möglich, zum Beispiel ein Schleudertrauma bei einem Auffahrunfall. Die Kfz-Haftpflichtversicherung prüft den Schadenersatzanspruch des Unfallgegners und zahlt gegebenenfalls den entstandenen Schaden. Den Schaden am eigenen Fahrzeug zahlt, falls abgeschlossen, die eigene Vollkaskoversicherung. Ersatzpflichtige Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoschäden führen im Folgejahr zu einer Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse und damit zu einem höheren Beitrag. Kommt der Betrüger mit seiner Masche durch, muss der eigentlich Geschädigte außerdem mit Bußgeld rechnen, beispielsweise wegen Missachtung der Vorfahrt. Klärt sich der Versicherungsbetrug aber auf, muss sich der Täter auf ein Bußgeld, im Falle eines Personenschadens auf Punkte in Flensburg sowie auf eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren einstellen.
Was tun nach einem Autounfall?
Checkliste von Frank Mauelshagen, Kfz-Experte von ERGO
Schritt 1: Polizei verständigen
Die Polizei sichert wichtige Spuren am Unfallort.
Schritt 2: Fotos machen
Unfallopfer sollten unbedingt die eigenen, aber auch die Fremdschäden sowie die Unfallsituation festhalten. Dabei auch auf kleine Kratzer oder Dellen achten, die nicht bei diesem Unfall entstanden sein könnten.
Schritt 3: Persönliche Daten des Unfallgegners notieren
Neben dem Namen sollten Betroffene auch das Autokennzeichen, die Adresse sowie die Versicherung des Unfallbeteiligten notieren.
Schritt 4: Unfallskizze anfertigen
Eine Unfallskizze liefert einen Überblick über die Unfallsituation und deren Umgebung. Details, wie Straßennamen oder Bewegungsrichtung der Beteiligten, sollten nicht fehlen.
Schritt 5: Versicherung kontaktieren
Wer einen provozierten Autounfall vermutet, sollte das gegenüber seiner Versicherung äußern, da diese dem Verdacht in der Regel nachgeht.
Über den ERGO Experten
Frank Mauelshagen (Jahrgang 1969) ist Bereichsleiter für die Kraftfahrtversicherung der ERGO Versicherung. Der Dipl. Kaufmann ist seit 1999 für den ERGO Konzern tätig, zunächst im Controlling für Gewerbe/Industrie, anschließend als Assistent für den Vorstandsvorsitzenden der Victoria-Versicherung AG, welche dann in die ERGO Versicherung AG umbenannt wurde.
– Pressemeldung und Foto: Ergo-Versicherngsgruppe –