Lars Wagener, Vorsitzender der ACV-Geschäftsleitung, über die Vor- und Nachteile von Bordkameras
Der Verkehrsgerichtstag berät in diesem Jahr über den Einsatz von Dashcams. Bislang gibt es keine eindeutige Gesetzgebung, die die legale Nutzung von festinstallierten Kameras im Auto regelt. In der Diskussion um den Umgang mit Dashcams stehen sich Wahrheitsfindung und Persönlichkeitsrechte kritisch gegenüber. Lars Wagener, Vorsitzender der ACV Geschäftsleitung, über die Vor- und Nachteile von Bordkameras.
Auf YouTube finden sich viele Videos mit spektakulären Aufnahmen von Verkehrsunfällen – fast alle aufgenommen in Russland. Werden Dashcams in Deutschland bereits eingesetzt?
Wagener: Von der Polizei werden Kameras zur Verkehrsüberwachung schon seit vielen Jahren eingesetzt, zum Beispiel, um Raser auf der Autobahn zu verfolgen. Privat nutzen nach unserer aktuellen Umfrage lediglich zwei Prozent der Deutschen Dashcams. Während in anderen europäischen Ländern die Kameras verboten sind, ist die Gesetzeslage hierzulande nicht eindeutig, da ihr Einsatz bislang nicht genau definiert ist. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Aufnahmen als Beweismittel liegt bei dem zuständigen Gericht. Es gibt verhandelte Fälle, in denen die Filme als Beweismittel zugelassen wurden, gleichzeitig aber auch Urteile, bei denen das Gericht die Persönlichkeitsrechte höher einstufte.
Wollen deutsche Autofahrer eine Einführung dieser Bordkameras?
Wagener: Laut unserer aktuellen Studie würde fast die Hälfte der Befragten eine Kamera in ihrem Fahrzeug anbringen. Vorausgesetzt, die Nutzung wäre eindeutig gesetzlich geregelt und legal. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass der Einsatz dieser Videokameras vor allem vor falschen Anschuldigungen im Schadenfall schützen oder einen Unfallhergang rekonstruieren könnte.
Was sind die Vorteile von Aufzeichnungen im Straßenverkehr?
Wagener: Die Verkehrsopferzahl ist im letzten Jahr erneut angestiegen. Der ACV geht davon aus, dass Dashcams ein wichtiger Baustein in der Verkehrssicherheitsarbeit sind. Nicht zuletzt weil sie Verkehrsrowdys zur Vernunft zwingen und damit schwere Unfälle verhindern können. Laut unserer Umfrage sind mehr als zwei Drittel der Befragten überzeugt, eine Kamera würde bei der Unfallrekonstruktion und -aufklärung helfen. 30 Prozent der Deutschen meinen, die Mini-Kameras könnten sie vor unberechtigter Höherstufung der Versicherungsprämie schützen.
Wegen der Verletzung von Privatsphäre und von Persönlichkeitsrechten durch die ununterbrochene und flächendeckende Dokumentation des Verkehrs, stehen Dashcams bei Datenschützern in der Kritik.
Wagener: Das ist richtig und ein wichtiger Punkt in der Diskussion über ihren Einsatz. Rund ein Drittel der Deutschen befürchte die Verletzung ihrer Privatsphäre. Der ACV erwartet vom Verkehrsgerichtstag diesbezüglich richtungsweisende Ergebnisse, die beiden Parteien, Geschädigten und Gefilmten, gerecht werden. Gleichzeitig appellieren wir an die Hersteller, einen sinnvollen Aufnahmemodus zu standardisieren, bei dem die Daten schnellstmöglich überschrieben und gelöscht werden.
Was denken Sie, wird es die Dashcams in Deutschland bald serienmäßig geben?
Wagener: Die Automobilindustrie rüstet schon heute ihre Fahrzeuge mit Kameras zur Geschwindigkeitserkennung und Spurhaltung aus. Ich denke, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Dashcams in Deutschland serienmäßig verbaut werden. Der Rechtsrahmen muss dringend angepasst werden, damit diese Kameras einen sinnvollen und wichtigen Beitrag für mehr Sicherheit auf der Straße leisten können.
Der ACV geht davon aus, Bordkameras können bei der Aufklärung von Unfallursachen helfen, sie erschweren den Versicherungsbetrug und können wesentlich zur allgemeinen Verkehrssicherheit beitragen. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit sieht der Automobilclub kritisch und verspricht sich vom 54. Verkehrsgerichtstag richtungsweisende Ergebnisse, die in die derzeitige Gesetzeslage einfließen.
– Pressemitteilung und Foto: ACV Automobil-Club Verkehr –