- Gerichte entscheiden bisher uneinheitlich
- AvD: Autofahrer muss „Herr seiner Daten“ bleiben
- Abwägung sollte sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls richten
Immer mehr Autofahrer installieren kleine Videokameras, um das Verkehrsgeschehen zu dokumentieren. Die Verwendung von Digitalkameras, sogenannten „Dashcams“, in Fahrzeugen beschäftigt mittlerweile immer öfter die Gerichte, weil die Aufnahmen nicht bedenkenlos vewertet werden dürfen. Das Kunstwort ist aus den englischen Begriffen dash board (Armaturenbrett) und camera abgeleitet. Eine immer größere Zahl von Fahrern installiert die kleinen Geräte hinter der Windschutzscheibe zur Aufzeichnung des Geschehens vor dem Fahrzeug. Die Aufzeichnung erfolgt für bestimmte Zeiträume, die permanent überschrieben werden können. Gesichert wird mittels Knopfdruck. Autofahrer können die Dateien zu Dokumentationszwecken nutzen.
Zivilgerichte entscheiden bisher uneinheitlich
Die so erzeugten Aufzeichnungen waren bereits Gegenstand von Fällen in verschiedenen Gerichtszweigen. In einigen Zivilprozessen wurden sie als Beweismittel vorgelegt. Dabei hielten die angerufenen Amtsgerichte in einem Fall die Aufzeichnungen für verwertbar, weil ein Beweissicherungsinteresse des Erstellers bestehe (AG München, E. v. 06.06.2013, Az.: 343 C 4445). Ein anderes Urteil verbot hingegen die Verwertung, weil schutzwürdige Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer Vorrang hätten. (AG München, u. v. 13.08.2014, Az.: 345 C 5551/14).
Entscheidungen anderer Gerichtszweige geben ebenfalls kein klares Bild ab
In einem Verfahren vor einem Verwaltungsgericht wurden die Installation und die Verwertung der Aufzeichnungen einer solchen Kamera als Verstoß gegen Datenschutzrecht und Persönlichkeitsrechte eingestuft (VG Arnsberg, U. v. 12.08.2014, Az.: AN 4 K 13.01634). Dagegen erkannte ein Strafgericht die Aufzeichnung einer Nötigungssituation als taugliches Beweismittel an. Die Aufzeichnung sei anlassbezogen erfolgt und zeige lediglich das Verkehrsgeschehen, nicht aber den Angeklagten selbst (AG Nienburg, Urteil vom 20.01.2015, 4 Ds 155/14).
Autofahrer muss „Herr seiner Daten“ bleiben
Nach Ansicht des Automobilclub von Deutschland AvD stellen die bisher bekannten Entscheidungen keine Rechtssicherheit her. Ausgangspunkt muss das Recht eines jeden Autofahrers „Herr seiner Daten“ zu sein. Problematisch ist die intransparente Erhebung von Fahrzeugdaten, wobei der AvD das Risiko ihrer Verwendung gegen das Interesse des Fahrers sieht. Wer etwa eine Nötigungssituation aufzeichnet, bei der aus dem Video hervorgeht, dass er selbst auch beschleunigt und deshalb zur Gefahr beigetragen hat, muss damit rechnen, dies vor Gericht auch verantworten zu müssen und sich damit selbst zu belasten.
Keine Pflicht zur Verwendung vor Gericht
Der AvD wendet sich gegen die Pflicht, entsprechende Daten des eigenen Fahrzeugs in einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren verwenden zu müssen. Hier sollte es entsprechend dem Grundrecht, sich nicht selbst belasten zu müssen, die Entscheidung des Betroffenen bleiben, ob diese Daten auch gegen ihn verwendet werden können. Der Betroffene muss entscheiden, ob er das Video geltend macht, wenn es gleichzeitig auch sein eigenes Fehlverhalten dokumentiert. Der AvD weist darauf hin, dass bei schweren Unfällen die Polizei die im Fahrzeug gefundene Kamera zur Beweissicherung sogar vorsorglich beschlagnahmen darf. In einem solchen Fall könnte eine Verweigerung der Nutzung dieses Materials vom Gericht zumindest als mangelnde Bereitschaft zur Mitwirkung ausgelegt werden. Der AvD macht in diesem Zusammenhang auch auf die Beschlüsse der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich („Düsseldorfer Kreis“) vom 26./27.02.2013 für den Einsatz bei Taxis sowie vom 25./26.02.2014 für den Einsatz in privaten PKW aufmerksam. Dort wird die „ansatz- und schrankenlose“ Verwendung von Kameras in Fahrzeugen gerügt.
Auswertung im Einzelfall führt nicht immer zum gewünschten Ergebnis
Damit ist aus Sicht des AvD noch keine Aussage über konkrete Aufnahmen getroffen, die sich auf bestimmte Situationen und Zeiträume beziehen. Wird z. B. die Aufzeichnung permanent überschrieben und nur bei Drücken einer Taste für eine definierte Spanne gesichert, sollte immer bei Fragen der rechtlichen Verwertbarkeit die Prüfung und Abwägung im Einzelfall erfolgen. Sonst könnte sich der so sichere Beweis für das Verschulden anderer ganz schnell als Bumerang erweisen. Bezeichnend ist, dass in den Entscheidungen, die Aufzeichnungen von Dashcams zuließen, die damit behaupteten Tatsachen oder Fehlverhalten nach Ansicht der Gerichte nicht belegt werden konnten.
– Pressemeldung und Fotos: AvD Automobilclub von Deutschland –