- Radfahrer müssen auch Rücksicht nehmen
- Fahren gegen die Einbahnstraße nur, wo erlaubt
- Radfahrer und Fußgänger als Gemeinschaft
Radwegenetze werden erweitert, schnelle E-Bikes breiten sich aus, in vielen Städten und Gemeinden ist es inzwischen erlaubt, auch gegen die Einbahnstraße zu radeln, wo dies entsprechend ausgeschildert ist. Doch ob beliebt, erlaubt, sportlich oder alltäglich – nicht nur das Radeln gegen die Einbahnstraße ist gefährlich und bedarf großer gegenseitiger Rücksichtnahme.
Wer gegen die Einbahnstraße radelt, muss damit rechnen, dass er möglichen Gefahren auszuweichen hat. Diese lauern etwa an Einmündungen oder bei Grundstücksausfahrten, wo es selbst bei langsamem Heranrollen an die Kreuzung zu Behinderungen kommen kann. Der AvD weist darauf hin, dass in diesen Bereichen an allen Einmündungen das Verkehrszeichen 205 Vorfahrt gewähren in Kombination mit dem Hinweis auf Radfahrer aufgestellt werden muss.
Radfahrer sollten sich trotzdem nicht auf vermeintliche Rechtsansprüche berufen, sondern ihr Verhalten gemäß §1 der Straßenverkehrsordnung StVO einrichten:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Diese Regel gilt zwischen allen Verkehrsteilnehmern und auch bezüglich Radfahrern und Fußgängern, Radfahrer haben folglich kein Recht, ihnen missliebige Verkehrsteilnehmer „wegzuklingeln“.
77 Prozent der Deutschen sind von ungehobelten Radfahrern genervt – weil man gegeneinander statt miteinander unterwegs ist.
Das Verhältnis der Verkehrsteilnehmer untereinander – zwischen Autofahrern und Radfahrern, oder auch zwischen Radfahrern und Fußgängern – ist leider viel zu angespannt. Es ist leider eher ein „Gegeneinander“ statt ein „Miteinander“. Oft ist beispielsweise zu beobachten, dass Vorfahrtsregeln aus dem Autositz und vom Fahrradsattel aus unterschiedlich interpretiert werden. Deshalb empfiehlt der AvD, gelegentlich einen Perspektivwechsel und einen Fahrzeugtausch vorzunehmen. Australische Forscher haben ermittelt, dass Autofahrer rücksichtsvoller und verständnisvoller werden, wenn sie selbst ab und zu Rad fahren und mehr Radlern begegnen. Wenn sich die Zahl der Radfahrer in einer Stadt verdoppelt, sinkt die Unfallwahrscheinlichkeit jedes einzelnen Radlers um ein Drittel. Natürlich ist auch Radfahrern zu empfehlen, ab und an die Autofahrerperspektive einzunehmen und mehr Verständnis aufzubringen. Nur gegenseitige Rücksichtnahme hilft Auto-, Radfahrern und Fußgängern gemeinsam sicher anzukommen und in möglichst wenige Unfälle verwickelt zu werden.
Radfahrer fahren „überall“ und oft mit unsicheren Fahrrädern
Bei lokalen Schwerpunktkontrollen der Polizei wird am häufigsten beanstandet, dass Radwege in die falsche Richtung oder auch Bürgersteige befahren werden. Dann folgen Rotlichtverstöße und das Telefonieren mit dem Handy. Auch technische Mängel, etwa defekte Bremsen oder defekte oder gänzlich fehlende Beleuchtungsanlagen werden beanstandet. Besonders gefährlich ist das Vorfahren mit dem Rad rechts neben einem Rückstau an einer Ampel, denn die Radfahrer bewegen sich speziell neben Nutzfahrzeugen im „toten Winkel“ der Rückspiegel. Wer sich nach vorn durchschlängelt riskiert, später unter erhöhter Gefahr wieder überholt zu werden – der AvD fordert deshalb mehr Fahrradspuren oder Radwege, wenn Radler auf viel befahrenen Straßen unterwegs sind.
Der AvD begrüßt es aber auch, dass Kinder auf den Gehwegen fahren dürfen, wenn sie dabei keine Fußgänger gefährden, denn Kinder sollten zu ihrem eigenen Schutz möglichst nicht im Verkehrsraum der motorisierten Fahrzeuge radeln – bis zum Alter von 8 Jahren müssen Kinder ohnehin auf dem Gehweg unterwegs sein – bis zum Alter von 10 Jahren dürfen sie es. Skateboards und Tretroller dürfen nicht auf der Straße benutzt werden, doch auch auf dem Gehweg müssen die Nutzer jedweder Geräte Rücksicht auf Fußgänger nehmen. Skateboarder und Rollernutzer dürfen sich nicht von Radlern oder Mofas ziehen lassen. Umgekehrt dürfen Mofas und auch kleine Motorroller mit Versicherungskennzeichen innerhalb geschlossener Ortschaften nicht auf den Radwegen fahren, wenn dieser nicht ausdrücklich für diese Nutzung freigegeben ist. Außerorts sind diese motorisierten Zweiräder auf Radwegen zugelassen, müssen schwächeren Verkehrsteilnehmern den Vorrang lassen.
Rad- und Autoverkehr entflechten, wo immer möglich
Die Verkehrssicherheit muss bei allen Veränderungen der Rahmenbedingungen im Vordergrund stehen, der Fahrrad- und Autoverkehr sollte weitestgehend entflochten werden. Dazu gehören eine deutlichere Radverkehrsführung, ausreichend dimensionierte Radwege und Fahrradspuren mit sicheren Querungsmöglichkeiten sowie entsprechende Abbiegephasen an Ampeln. Dies muss auch mit Blick auf den demografischen Wandel geschehen, denn neben Kindern und Jugendlichen sind vor allem ältere Radler besonderen Risiken ausgesetzt, unter anderem weil sie verletzungsanfälliger sind. Der Anteil der über 65jährigen an allen mit dem Fahrrad Verunglückten beträgt 16 Prozent. Das, obwohl Senioren durch disziplinierteres und langsameres Fahren auffallen und häufiger komplexe Verkehrssituationen meiden. Die Mehrheit gibt an, sich auf Radwegen sicherer zu fühlen und nutzt diese so oft wie möglich. Und auch Autofahrer würden profitieren, wenn das Radwegenetz weiter ausgebaut würde.
Zur eigenen Sicherheit empfiehlt der AvD Radfahrern zudem, einen Helm zu tragen und Reflektoren an Kleidung und Fahrrad anzubringen. Empfehlenswert ist bei Überlandfahrten auch das Tragen einer Warnweste. Außerdem ist wichtig, konzentriert auf dem Rad zu sitzen, jegliche Ablenkung zu vermeiden und während der Fahrt keinesfalls Mobiltelefone oder MP3-Player zu nutzen, denn das Unfallrisiko steigt dabei extrem. Navigationssysteme dürfen nur im Stillstand programmiert werden. Vorsicht mit e-bikes: sie sind oft schneller als erwartet und dabei wie ein Motorrad zu führen. Der AvD würde auch aus diesem Grund eine allgemeine Haftpflicht-Versicherung für Fahrräder befürworten, die vom Radler verschuldete Schäden abdeckt. Das könnte helfen, Unfallflucht zu vermeiden. Die Schadenssumme bei durchschnittlichen Blechschäden an PKW liegt oft im vierstelligen Bereich und müsste von einem nicht versicherten Radler aus eigener Tasche gezahlt werden.
Ein genereller Führerschein für Fahrräder ist unnötig
Der AvD begrüßt aber eine verstärkte Schulung von Kindern und Jugendlichen, für die eine Art Fahrrad-Führerschein auch ein Anreiz sein kann. Erwachsenen Radfahrer, die einen Kfz-Führerschein haben, können diesen durchaus auch verlieren, wenn Sie mit dem Rad unterwegs sind – beispielsweise wenn sie unter erheblichem Alkoholeinfluss stehen. Radfahrer gelten ab 1,6 Promille als „absolut fahruntauglich“. Des Weiteren gibt es auch einen Bußgeldkatalog für Radfahrer. Beispielsweise werden Rotlichtverstöße mit einem Punkt in Flensburg und 45-100 Euro Bußgeld geahndet. Regelsätze für Verkehrsverstöße wie z.B. „Fahren ohne Licht“ bzw. ohne Beleuchtungseinrichtung, obwohl die Sichtverhältnisse es erfordern (10 Euro), sind im Tatbestandskatalog der Polizei festgelegt.
Kennzeichen für Radfahrer sind nicht notwendig
Bei Nummernschildern für die rund 67 Millionen Fahrräder in Deutschland würde der enorme Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zum zu erwartenden Erfolg stehen. Erfahrungen aus dem motorisierten Zweiradbereich zeigen, dass beispielsweise Rotlichtverstöße kaum geahndet werden können, weil die Überwachungskameras nur die Front des Zweirades ablichten. Der AvD empfiehlt vielmehr, die Kontrolldichte zu erhöhen – die Anwesenheit der Polizei steigert nachweislich die Verkehrsdisziplin.
Radfahren ist immer mit der Verpflichtung verbunden, besondere Rücksicht zu nehmen – Radwege und reservierte Bereiche für Zweiräder sind also keineswegs der Freiraum, in dem Radler andere Verkehrsteilnehmer bedrängen dürfen. Auf allen ihren Wegen gilt auch für Radfahrer in Europa das Rechtsfahrgebot und auch sie müssen ausweichen, verlangsamen oder gar anhalten, wie jeder andere auch. Mit gegenseitiger Rücksichtnahme kann die Mehrheit aller Unfälle vermieden werden.
– Pressinformation und Foto: AvD Automobilclub von Deutschland –