Die D.A.S. informiert: Urteile in Kürze
Unfälle zwischen Radfahrern und Fußgängern können oft zu komplizierten Haftungsfragen führen. Wie die D.A.S. mitteilt, hat das Kammergericht Berlin einer Radfahrerin ein Mitverschulden von 80 Prozent angerechnet. Die Frau war auf dem Radweg an einer Bushaltestelle vorbeigefahren und mit einem aussteigenden Fahrgast kollidiert. Dem Gericht zufolge hätte sie in dieser Situation vorsichtiger sein müssen.
Hintergrundinformation:
Nach § 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss sich jeder im Straßenverkehr so verhalten, dass niemand anderer verletzt oder gefährdet wird. Vorsicht und Rücksicht auf andere sind ausdrücklich gefordert. Dies gilt auch dann, wenn man der Meinung ist, Vorfahrt zu haben oder im Recht zu sein. Auch Radfahrer, die vorschriftsmäßig einen Radweg benutzen, müssen in bestimmten Situationen erhöhte Vorsicht walten lassen. Besondere Vorsicht ist an Bushaltestellen geboten. Der Fall: Eine Radfahrerin war in Berlin auf dem Radweg rechts an einer Bushaltestelle vorbeigefahren, als ein Bus hielt und die Fahrgäste ausstiegen. Sie kollidierte mit einem der Aussteigenden, stürzte und verletzte sich an der Lendenwirbelsäule. Sie musste operiert werden, lag 16 Tage lang im Krankenhaus und war vier Monate lang arbeitsunfähig. Die Radfahrerin verklagte den Busfahrgast auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das Urteil: Nach Mitteilung der D.A.S. Rechtsschutzversicherung sah das Kammergericht Berlin hier das Hauptverschulden bei der Fahrradfahrerin. Zwar hätte auch der Fußgänger sich regelwidrig verhalten, als er den Radweg betrat, ohne auf den Fahrradverkehr zu achten. Der Radfahrerin sei aber ein Mitverschulden von 80 Prozent anzurechnen. Sie hätte nur dann rechts am haltenden Bus vorbeifahren dürfen, wenn jegliche Gefährdung der Fahrgäste ausgeschlossen gewesen wäre. Das Gericht verwies darauf, dass dies besonders in der Straßenverkehrsordnung geregelt sei: § 20 Abs.2 StVO verpflichte den, der rechts am Bus vorbeifahre, zu erhöhter Aufmerksamkeit. Erlaubt ist nur Schrittgeschwindigkeit – und auch diese nur, wenn keine Kollisionsgefahr mit Fahrgästen besteht. Diese dürfen auch nicht beim Aussteigen behindert werden. Gegebenenfalls muss der Vorbeifahrende warten. Während der Fahrgast sich nur unaufmerksam verhalten habe, habe die Radfahrerin eine der „Kardinalpflichten“ des Straßenverkehrs verletzt.
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15. 01. 2015, Az. 29 U 18/14
– Presseinfo der D.A.S. Rechtsschutzversicherung –